Subjektive Einschätzungen zur Einkommens- und Vermögenskonzentration – eine experimentelle Analyse
Subjektive Einschätzungen zur Einkommens- und Vermögenskonzentration – eine experimentelle Analyse
Abstract
Neben der Auswertung empirischer Verteilungsindikatoren rückt ebenfalls die Analyse subjektiver Wahrnehmungen der Einkommens- und Vermögensverteilung zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher Studien. Die Befunde sind teilweise widersprüchlich: Einige Studien kommen zu dem Ergebnis, dass Verteilungsunterschiede eher unterschätzt werden, andere dokumentieren eine Überschätzung der Ungleichheit. Eine experimentelle Analyse auf Basis des Innovation Samples des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigt, dass subjektive Einschätzungen bezüglich vermuteter Einkommens- und Vermögensanteile keine konsistenten Schlüsse bezüglich der Überschätzung oder Unterschätzung der Verteilungskonzentration erlauben. Werden zufällig ausgewählte Personen nach Einschätzungen zu dem Vermögensanteil der reichsten 20 Prozent erfragt, tendieren sie im Durchschnitt zu einer Unterschätzung der Ungleichheit, bei der Frage nach dem Anteil der oberen zehn Prozent zeigt sich hingegen eher eine Überschätzung der Vermögenskonzentration. Die Validität der Angaben wird zudem in Frage gestellt, wenn sie mit Einschätzungen zu vermuteten Einkommensanteilen kontrastiert werden. Obwohl die empirische Vermögensverteilung deutlich ungleicher ausfällt als die der Einkommen, schätzten die Befragten die Anteile nur geringfügig unterschiedlich ein. Auch scheinbar korrekte Antworten sollten mit Vorsicht interpretiert werden. Knapp 30 Prozent der Befragten ordneten den Vermögensanteil der reichsten 20 Prozent einigermaßen richtig ein. Allerdings gelang dies bei der Frage nach dem obersten Vermögenszehntel nur rund zehn Prozent der Befragten. Nicht einmal ein Prozent der Befragten lag bei Einschätzungen zu beiden Größen, Einkommen und Vermögen, richtig. Dieses Unwissen ist relevant, da Regressionen eine signifikante Korrelation zwischen den Einschätzungen von Ungleichheit und der Umverteilungspräferenz nahelegen.