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Prof. Dr. Günter Dlugos, em. Universitätsprofessor

Prof. Dr. Günter Dlugos

Prof. Dr. Günter Dlugos

Univ.-Prof. em. Dr. Günter Dlugos ist am 12. Mai 2019 im Alter von 98 Jahren verstorben.

Er hatte an der Freien Universität Berlin von 1970 bis 1989 den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre unter besonderer Berücksichtigung der Unternehmungspolitik inne.

Nachruf von Prof. Dr. Gesine Schwan Günter Dlugos, dem wir heute das letzte Geleit geben, war ein kluger, engagiert und differenziert fragender Wissenschaftler, und er war vor allem ein wunderbarer, warmherziger und integrer Mensch. Warmherzigkeit geht mit Wissenschaftlichkeit nicht immer zusammen, um es vorsichtig zu sagen. Im Gegenteil: Wissenschaftliche Analyse scheint kühle Distanz, die Abstraktion von Gefühl und Leidenschaft zu verlangen, und wenn Leidenschaft, dann wie bei Max Weber, für die wissenschaftliche „Sache“, nicht für Menschen. So jedenfalls denken viele innerhalb und außerhalb der Wissenschaft. Günter Dlugos dachte nicht so, weil er mit seiner Wissenschaft nicht nur für eine effiziente Wirtschaft sorgen wollte, sondern auch für eine, die den Menschen bekommt. Das ist auch heute leider nicht gerade Mainstream, und dabei so notwendig. Sein Motiv der warmherzigen Mitmenschlichkeit hat ihm geholfen, überaus fruchtbare Forschungsfragen an die Betriebswirtschaft zu stellen, für die er an der Freien Universität Berlin als sog. ordentlicher Professor von 1970 bis 1989 geforscht und gelehrt hat. Natürlich ging es ihm darum, so genau wie möglich zu bestimmen, wie man durch gute Organisation und Management von Unternehmen zu vorzüglichen ökonomischen Ergebnissen kommen könnte. Aber anders als so manche Spezialisten dachte er nicht borniert, sondern in größeren Zusammenhängen. Vor allem fragte er danach, wie sich Wirtschaft in den allgemeineren Wertehorizont von Gesellschaft und Politik einordnet. „The Relationship Between Changing Value Systems, Conflicts and Conflict-Handling in the Enterprise Sector”, war solch ein typischer Titel für seinen Ansatz. Wie passt die Willensbildung in einem Unternehmen zum politischen, vor allem zum normativen gesellschaftlichen Umfeld? Verträgt sich eine autoritärhierarchische Organisation mit einer Demokratie, die doch für Freiheit und Würde jedes Menschen steht? Wie geht man mit internen Konflikten um? Soll, ja kann man sie überhaupt ohne Gefahr für das Unternehmen unterdrücken? Soll man sie zur Sprache bringen? Kann man sie produktiv lösen und damit sogar das wirtschaftliche Ergebnis verbessern? Günter Dlugos war immer, bis in seine letzten Tage hinein sehr daran gelegen, unseren demokratischen und unseren christlichen Werten besser zur Geltung zu verhelfen. In den siebziger Jahren leiteten wir zusammen ein Seminar zu diesem Thema. Er verstand seine Betriebswirtschaft politikwissenschaftlich und lud mich deshalb ein, zusammen mit seinen Studentinnen und Studenten über politische Ordnungsmodelle zu diskutieren. „Von der Betriebswirtschaftspolitik zur betriebswirtschaftlich-politologischen Unternehmungspolitik“ lautet der Titel eines darauf bezogenen Aufsatzes. Noch im Spätsommer vergangenen Jahres, als wir zusammen in seinem wunderschönen Garten in der Schopenhauerstraße saßen, kreisten seine Gedanken unaufhörlich um die Frage, wie man der jüngeren Generation die Werte des sozialen Zusammenhalts, der Rücksichtnahme, der Gerechtigkeit nahebringen könne. Und auch Anfang der achtziger Jahre, als Ingrid und Günter Dlugos bei meinem Mann Alexander Schwan und mir in Washington zu Gast waren, haben wir zusammen mit seinem damaligen Assistenten Wolfgang Dorow darüber einen intensiven Austausch gehabt. „Exit, Voice and Loyalty“ von Albert O. Hirschman stand damals wissenschaftlich hoch im Kurs. Günter Dlugos, ein Mann der stillen, zurückhaltenden Reaktionen, weitab von jeglichem autoritären Gestus hat immer großen Wert daraufgelegt, Konflikte im Unternehmen zur Sprache zu bringen. Albert Hirschman analysierte die zwei Möglichkeiten, in Organisationen auf Dissens und Konflikte zu reagieren: Entweder man verlässt die Organisation: Exit – oder man bestimmt sie mit: Voice. Beides hat einen erheblichen Einfluss auf die Loyalität von Menschen für ihre Organisation, mitbestimmen schafft Loyalität, bietet Chancen für eine friedliche produktive Lösung. Günter Dlugos war ein  überaus friedfertiger Mensch. Auch die Genauigkeit seines Denkens und seiner Sprache dienten dem Frieden, im  persönlichen wie im wissenschaftlich öffentlichen und im wirtschaftlichen Bereich: damit wird man nämlich anderen gerecht, die sich dadurch anerkannt fühlen. Das stärkt den Frieden. Das Bild, wie er im vergangenen Spätsommer im Rollstuhl am offenen Grab seiner geliebten Ingrid saß, in sich versunken in unsäglicher Trauer, werde ich nicht vergessen. Beide, Günter und Ingrid Dlugos strahlten so viel Gastfreundschaft, Zuwendung, Offenheit und Lebensfreude aus. Sie hatten ein erfülltes Leben, mit vielen Kunsterfahrungen, mit ihren beiden Töchtern, die sich liebevoll um sie gekümmert haben, wie dies die Eltern vorher mit ihnen getan hatten. Die Erinnerung an das in Liebe verbundene Paar wird uns weiter begleiten, ermutigen und bereichern. Gesine Schwan, 26. Mai 2019

Institut für Unternehmungsführung, Fachrichtung Unternehmungspolitik

(1990 umgewidmet in: Institut für Management, Lehrstuhl für Strategisches Management)

Beruflicher und wissenschaftlicher Werdegang

1938 - 1942 Kaufmännisch-technische Ausbildung, Einkauf im Maschinenbau

1946 - 1952 Leitende Stellung im Machinenbau, Mitarbeit in Wirtschaftsprüfung und -beratung

1952 - 1989 Freie Universität Berlin

Studium der Betriebswirtschaftslehre: Dipl.-Kfm.

Wissenschaftl.Assistent am Lehrstuhl Prof.Dr.Dres.h.c. Erich Kosiol

Promotion: Dr.rer.pol. :

-Kritische Analyse der ertragsgesetzlichen Kostenaussage

Habilitandenstipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Habilitation: Venia legendi für Betriebswirtschaftslehre

-Metodologische und diziplinäre Bestimmungsgründe wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchung der Zielproblematik

1970 Ruf auf die Stelle eines ordentlichen Professors für Betriebswirtschaftslehre:

- Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre unter besonderer Berücksichtigung der Unternehmungspolitik

1989 Emeritierung

 

Wissenschaftliche Ehrung

Festschrift zum 65. Geburtstag:

Die Unternehmungin der demokratischen Gesellschaft - The Business Corporation in the Democratic Society. Wolfgang Dorow (Hrsg.), Berlin/New York 1987

 

Gasteinladungen Ausland

Canada 1980
Faculty of Administrative Studies, York University, Toronto

Polen 1981, 1984, 1989
Instytut Ekonomiki Przedsiebiorstw, Uniwersytetu Lodzkiego, Lodz Instytut Organizacji i Zarzadzania, Politechniki Wroclawskiej, Wroclaw

Japan 1982, 1989
Faculties of Business Administration-Commerce: Hirosaki University, Hirosaki - Kobe University, Kobe - Sapporo-Gakuin University, Sapporo Chuo-, Hitotsubashi- Keio-, Komazawa-, Meiji-, Nihon-, Soka-, Waseda-University, Tokyo

 

Mitgliedschaften in Wissenschaftlichen Institutionen

Verband der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft e.V.

Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften -Verein für Socialpolitik

Berliner Wissenschaftliche Gesellschaft e.V.

Allgemeine Gesellschaft für Philosophie in Deutschland e.V

 

Arbeitsgebiete

Kostentheorie

Wissenschaftstheoretische Aspekte der Betrieswirtschaftslehre

Unternehmungspolitik (Business Politics Approach)

Unternehmungsverfassung unter unternehmungspolitischem Aspekt

 

Ausgewählte Publikationen zu den Arbeitsgebieten

Kostentheorie

Kritische Analyse der ertragsgesetzlichen Kostenaussage. Berlin 1961.
Zum Theorem der Grenzkostenkalkulation. In: Organisation und Rechnungswesen. Festschrift für Erich Kosiol zu seinem 65. Geburtstag, hrsg. v. Erwin Grochla, Berlin 1964, S. 479-519
Kostenababhängigkeiten. In: Handwörterbuch des Rechnungswesen, hrsg. von Erich Kosiol, Stuttgart 1970, Sp.883-907.

 

Wissenschaftstheoretische Aspekte der Betriebswirtschaftslehre

Analytische Wissenschaftstheorie als Regulativ betriebswirtschaftlicher Forschung. In: Wissenschaftstheorie und Betriebswirtschaftslehre, hrsg. v. Günter Dlugos, Gerald Eberlein, Horst Steinmann; Düsseldorf 1972

Grundüberlegungen zur Konstituierung einer unternehmungsbezogenen Konfliktforschung. Mit J. Wondracek in: Unternehmungsbezogenen Konfliktforschung. Methodologische und forschungsprogrammatische Grundfragen. Hrsg.von Günter Dlugos, Stuttgart 1979.

Wissenschaftstheoretische Grundfragen der Führungsforschung- Kritischer Rationalismus. Mit R. Kamitz in: Handwörterbuch der Führung, Stuttgart 1987.

 

Unternehmungspolitik (Business Politics Approach)

Unternehmungspolitik als betriebswirtschaftlich-politologische Teildisziplin. In: Unternehmungsführung.
Festschrift für Erich Kosiol zum 75.Geburtstag. Hrsg.von Jürgen Wild, Berlin 1974.

Von der Betriebswirtschaftspolitik zur betriebswirtschaftlich-politologischen Unternehmungspolitik. In: Die Führung des Betriebes. Herrn Prof.Dr.Dr.h.c. Curt Sandig zu seinem 80. Geburtstag gewidmet. Hrsg.von Manfred N. Geist und Richard Köhler, Stuttgart 1981.

The Relationship Between Changing Value Systems, Conflicts and Conflict-Handling in the Enterprise Sector. In: Mamagement Under Differing Value Systems. Political, Social and Economical Perspectives in a Changing World. Ed. by Günter Dlugos, and Klaus Weiermair in Collaboration with Wolfgang Dorow, Berlin/New York 1981. Deutsche Fassung in: Bedürfnisse, Werte und Normen im Wandel, Band II, Methoden und Analysen, hrsg.v. H. Stachowiak, T. Herrmann und K. Zapf, München u.a., 1982.

Die Lehre von der Unternehmungspolitik - eine vergleichende Analyse der Konzeptionen. In: Die Betriebswirtschaft (44) 1984.

Business Policy, Business Politics. In: Handbook of German Business Management. Hrsg.von Erwin Grochla, Eduard Gaugler u.a., Berlin, Heidelberg u.a., 1990.

Towards the Business Politics Approach and the Field of Research. In: Organizational Politics. From Conflict Suppression to Rational Conflict-Management. Ed. by Günter Dlugos, Wolfgang Dorow, Dan Farrell, Wiesbaden 1993.

Veränderung und integrative Veränderungspolitik im Unternehmungsektor. In: Produktion im Wandel. Weichenstellung für das Management der Zukunft. Hrsg.von Nicolas Sokianos, Frankfurt am Main/Wiesbaden 1995.

 

Unternehmungsverfassung unter unternehmungspolitischem Aspekt

Gesellschaftspolitische Implikationen unternehmungsinterner Konflikthandhabung. In: Die Betriebswirtschaft, (37) 1977.

Mitbestimmung. In: Handwörterbuch der Organisation, hrsg. v. Erwin Grochla, Stuttgart 1980.

Das Unternehmungsinteresse - kritische Analyse eines fragwürdigen Konstruktes. In: Zukunftsaspekte der anwendungsorientierten Betriebswirtschaftslehre, Erwin Grochla zum 65. Geburtstag, hrsg. v. E.Gaugler, H.G.Meissner, N.Thom, Stuttgart 1986.

The Analysis of the Employer Employee Relaionship from the Perspective of the Business Politics Approach. Mit Wolfgang Dorow and Frank C. Danesy in: Management Under Differig Labour Market and Employment Systems. Ed.by Günter Dlugos, Wolfgang Dorow, Klaus Weiermair in collobaration with Frank C. Danesy, Berlin/New York 1988.